Kleingartenanlage "Nordlicht" e. V.           1983/84 - 2024
  40 Jahre grüner Daumen  

Frühe Ernten und späte Fröste              Marianne Scheu-Helgert Leiterin der Bayrischen Gartenakademie

So begegnen Sie dem Klimawandel im Gemüsebeet

Das sich der Klima rasant verändert und damit auch Extrem-Wetterereignisse, wie z. B. Trockenperioden, Starkregenereignisse und damit verbundene Überschwemmungen sowie Spätfröste, zunehmen, wird von Jahr zu Jahr deutlicher spürbar. Wer auch in Zukunft erfolgreich Gemüse anbauen möchte, sollte wissen, wie er seinen Gemüsegarten auf den Klimawandel vorbereitet. Wir geben Tipps, wie Sie auf die sechs wichtigsten Prognosen der Klimaexperten in Ihrem Kleingarten vorausschauend reagieren.

Das größte "Geschenk", das uns Kleingärtner der Klimawandel bereitet, ist das um ein Drittel (!) verlängerte Gartenjahr. Es verspricht üppige Ernten an Salaten, Kohl- und Wurzelgemüse bis über den Dezember hinaus. Ein grüner Garten ist im Spätherbst für Umweltbewusste aber auch zugleich Pflicht: Wer wie früher üblich schon zu Erntedank umgräbt und damit das Gartenjahr abschließen will, treibt Unmengen an Nährstoffen aus dem Boden ins Grundwasser. 

PROGNOSE 1

Es gibt immer öfter längere Perioden mit starker Sommertrockenheit - Tipp für Ihren Garten

Natürlich wird eine effiziente Bewässerung der Kulturpflanzen immer wichtiger. Fast noch wichtiger ist es , die Bodenstruktur und insbesondere den Humusgehalt so weit zu verbessern, dass die Speicherfähigkeit des Bodens steigt. Dann hält nämlich der zumeist vorhandene Wasservorrat des Bodens aus winterlichen Niederschlägen und der Schneeschmelze (sie macht je nach Boden 150 - 200l/m² Wasser aus) länger vor, wenn die Vegetation ab April/Mai so richtig Wasser benötigt.

Schwere Böden (*) sollten Sie umgraben (allerdings sehr spät im Jahr), leichtere profitieren mehr davon, wenn Sie Gründüngungspflanzen aussäen. Im Frühjahr geben Sie zusätzlich Kompost auf die Beete (ca. 3 l/m²).

Besonders anbausicher bleiben früh reifende Kulturen wie Salate, Kohlrabi und Rucola. Hinzu kommen Puffbohnen und Erbsen.

Genauso gut sind die Sä-Gemüsearten mit langer Pfahlwurzel wie Pastinaken, Wurzelpetersilie, Möhren. Schwarzwurzeln und Rote Beete geeignet. Sie bilden, wenn der Boden in der Tiefe locker genug ist, mehrere Meter lange Wurzeln und überstehen so auch eine längere Zeit ohne Regen bzw. ohne gegossen werden zu müssen. Ausgesäte Pflanzen sind im Vergleich zu gepflanzten Jungpflanzen im Vorteil, weil sie tiefer reichende Wurzeln bilden. 

Wärme für neue Gemüsearten Ein pflegeleichter und ertragreicher Newcomer In unseren Gärten ist die Süßkartoffel, sie profitiert von heißen Sommern. Am besten pflanzen Sie diese allerdings erst ab Juni, vorher wächst sie aufgrund der oft noch kühlen Nächte kaum. Ihr üppiges Wachstum endet im Herbst mit der ersten Nacht mit Reifbildung. Dann müssen Sie alle Pflanzen gleichzeitig ernten und anschließend bei 16 °C lagern, so werden sie länger haltbar. Danach lagern Sie sie bei gut 10 °C, z. B. im Keller.

Gemüsesoja (Edamame) mit seinen erdnussgroßen Körnern gedeiht auch in unserem Klima. Sie können es ab Ende Mai aussäen oder auspflanzen, die Kultur ähnelt der von Buschbohnen.

Auch von Zucker - und Wassermelonen gibt es Sorten, die in unserem Klima gut gedeihen. Sie brauchen allerdings viel Wasser.

(*) Anmerkung unseres GFB: In unserer Anlage gibt es keine "schweren" Böden

PROGNOSE 2

Starkregenereignisse nehmen zu  - Tipp für Ihren Garten

Wichtig bleibt alles, was den Boden stets aufnahmebereit für viel Wasser macht. Dazu gehört eine gute Bodenstruktur (wie oben beschrieben), vor allem aber eine offenporige Bodenoberfläche. Eine dünne Mulchdecke (Stroh, Grasschnitt oder Erntereste) verhindern eine Verschlämmung.

Offenen Boden sollte es nicht geben, Sie sollten ihn dann unbedingt oberflächlich aufhacken. Das vermindert ebenso wie eine Mulchschicht die Wasserverdunstung aus dem Boden. Eine Mulchschicht wirkt bereits in dünner Auflage, der Boden darf durchaus zwischen den Grünmaterialien durchscheinen. Eine dicke Auflage würde Schnecken anlocken. 

Wichtig ist es  vor allem, genügend Fässer und Tonnen aufzustellen, um im Fall des Falles möglichst viel Regenwasser auffangen zu können. 

PROGNOSE 3

Der "verlängerte" Sommer führt in Kombination mit der nach den ersten Herbstregen oft erhöhte Bodenfeuchtigkeit zu einem erhöhten Humusabbau und damit zu einer stärkeren Freisetzung von Sickstoff im Herbst - Tipp für Ihren Garten

Höhere Bodentemperaturen beschleunigen bei mittlerer Bodenfeuchte den Humusabbau, wodurch Stickstoff aus den Reserven des Bodens freigesetzt wird. 

Ist der Boden im Oktober, wie meistens in den letzten Jahren, noch warm, droht nach jeder Bodenbearbeitung und besonders bei frühem Umgraben eine riesige Freisetzung von Stickstoff, die oft noch für die Versorgung einer weiteren Hauptkultur genügen würde. Früher gab es im September regelmäßig bereits Frostnächte, der Boden kühlte schneller ab. So war es für die damalige Zeit nicht falsch, im Oktober umzugraben.

Heute sollten Sie den Boden nach dem Abräumen von Gurken oder Bohnen von den Beeten im August/September nur oberflächlich lockern und mit Herbstkulturen bepflanzen. Dazu gehören die klassischen  Herbstsalate wie Endivien und Zuckerhut, aber auch Radicchio, Chinakohl und nochmals Salate, Kohlrabi, Rettich und Radies. An besten bauen Sie ab Juni bis August an, sobald  es Platz auf den Beeten gibt. Sie nutzen so den freigesetzten Stickstoff optimal aus. Günstig sind auch überwinternde Kulturen wie Feldsalat, Spinat, Grünkohl oder Pastinaken (Aussaat bereits im Frühjahr). Wenn Sie im Herbst nichts mehr anbauen möchten, säen Sie Gründüngungspflanzen aus. Auch sie nehmen Stickstoff auf und speichern ihn, bis Sie die Pflanzen im Frühjahr in den Boden einarbeiten oder sie von den Beeten entfernen und kompostieren.

PROGNOSE 4

Der Herbst dauert länger, manchmal beginnt der Winter erst im neuen Jahr - Tipps für den Garten

Zugegeben, die Anbauplanung für den Herbst ist nicht ganz leicht. Ich plane jedenfalls von den meisten Herbstgemüsen zwei Sätze. Vielfach können die robusteren Arten bis weit in den Dezember hinein stehen bleiben. Falls Reifnächte im Oktober auftreten, können Sie Kulturen durch das Abdecken mit Vlies schützen. 

Es hilft auch, die Ernte von Wurzelgemüse hinauszuzögern. Sie legen oft noch an Masse zu. Für die sommerlichen Fruchtgemüse genügt das Abdecken mit Vlies nicht. Sie müssen weiter im September/Oktober abernten.

Umgraben bleibt für schwerere Böden (*) weiterhin sinnvoll. Es soll jedoch erst geschehen, wenn der Boden Kühlschranktemperatur erreicht hat, am besten, kurz bevor er ganz durchgefroren ist. Das ist jetzt oft erst um Weihnachten herum der Fall.

In der Zwischenzeit sollten Sie Brachflächen meiden. Im überlangen Herbst gelangen sonst nämlich auch Samenunkräuter nochmals zu einem Blüten-Höhepunkt. Anschließend setzen sie unzählige Samen an - auch im Dezember oder Januar. Zu diesen Kältekünstlern gehören Vogel-Sternmiere, Ehrenpreis-Arten, Acker-Gauchheil, in milderen Gebieten sogar das sehr giftige Gemeine Kreuzkraut, Franzosenkraut oder Knöterich-Arten.

Hier sollten Sie gelegentlich jäten. Weniger jäten müssen Sie, wenn Ihre Beete noch mit Herbstkulturen oder mit Gründüngung bewachsen sind.

In einigen Wintern wie 2014/15 oder 2015/16 blieben sogar längere Frostperioden aus, nachts gab es mancherorts nicht einmal -7 °C. Dann überleben Ringelblumen, Senf und Phazelia. Ohne längere Frostperioden fehlt dann aber im Frühjahr der Lockerungseffekt der Frostgare.

Eine Super-Kultur für den Winter ist Pak Choi (Senfkohl). Er ist unter einer Vliesabdeckung frosthärter als Chinakohl oder Radicchio. Ich habe in den letzten Jahren bis Februar geerntet: gartenfrisches Grün für Salate und auch zum Braten in der Pfanne.

Die milden Winter ermöglichen vielerorts den Anbau von Artischocken. Ihr Anbau lohnt sich, wenn die Überwinterung gelingt. Dazu braucht die Pflanze eine 15 cm dicke Packung aus Stroh oder trockenem Herbstlaub.

Experimente, die in früheren Jahren mit Überwinterungsgemüse, wie z. B. Überwinterungs-Salat, -Blumenkohl, Radicchio vom Veroneser-Typ (Rosettenbildung im Herbst, Kopfbildung erst im Frühjahr), durchgeführt wurden, werden wieder aussichtsreicher. Für die kältesten Tage benötigen Sie Vlies zum Abdecken der Kulturen.

(*) Anmerkung unseres GFB: In unserer Anlage gibt es keine "schweren" Böden

PROGNOSE 5

Mit den höheren Temperatur bleibt auch der Boden ganzjährig wärmer - Tipps für den Garten

Mulchen und ein dichter Pflanzenbestand halten den Boden im Sommer kühler. Besonders wirksam ist früh im Jahr auf den noch kalten Boden aufgelegter Mulch. Geht der Boden kühler in den Sommer, entwickeln sich aber auch die Kulturen langsamer.

Für einen Teil der Erdbeerernte kann das sogar sinnvoll sein. Für eine frühere Erdbeerernte legen Sie das Stroh erst auf die Beete, wnn die ersten Blüten Früchte ansetzen. Während der Blüte sollten Sie Vlies zum Abdecken bereit halten. 

PROGNOSE 6

Die Schadwirkung von Spätfrösten steigt, weil die Vegetation dann oft schon stark entwickelt und somit frostempfindlicher ist - Tipps für Ihren Garten

Nach einem kurzen Winter entwickelt sich die Natur oft viel schneller als früher. [...] Leider werden wir wir wohl auch in den nächsten Jahren weiterhin mit Spätfrösten bis in den Mai hinein rechnen müssen, die sich bei fortgeschrittener Vegetation dann oft umso schlimmer auswirken. Im Gemüsegarten können wir recht zuverlässigen Schutz durch Verfrühungsvlies schaffen. 

Mithilfe einer Vliesabdeckung können Sie Gemüsebeete schon ab  Ende Februar/Anfang März anlegen, sobald der Boden gut abgetrocknet ist und leicht "krümelt". Sollten stärkere Fröste drohen, legen Sie das Vlies am besten doppelt auf.

Empfindliche Obstarten wie Aprikose, Pfirsich oder Tafeltrauben stehen auch in Zukunft  am besten als Spalier an der Laube. Vor Spätfrösten lassen sie sich dann ebenfalls gut mit einem vorgehängten Vlies schützen.

Quelle: DER FACHBERATER August 21


Kleingartenverein "Nordlicht" e. V. - Mitglied im Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow e. V.